
Die Vorfreude, die ich vor dem diesjährigen NBA All-Star Weekend verspürt hatte, ist inzwischen merklich abgeflacht. Zugegebenermaßen habe ich von den Spielen der Rising Stars nur ein paar Highlights gesehen. Dass ich nicht sonderlich heiß auf das Celebrity Game war, versteht sich von selbst. (Ich habe nur gelesen, dass eines der Teams mit Anderson Varejao einen Ex-NBA-Center hatte – irgendwie unfair, oder?) Aber dann kam ja die Saturday Night – die renovierte Skills Challenge, der Three Point Contest und natürlich das große Highlight, der Slam Dunk Contest. Leider machte sich bei mir im Laufe der Festivitäten zunehmend Ernüchterung breit. Daran konnte auch ein meiner Meinung nach wirklich unterhaltsamer Auftritt von DJ Khaled „and Friends“ nicht viel ändern.
Die Reform der Skills Challenge ist in der Theorie sehr spannend, wurde aber durch die Lustlosigkeit des einen (Rooks) und die mangelnden Fähigkeiten des anderen Teams (Antetokounmpos) in ein schlechtes Licht gerückt. Das Team Cavs wusste zumindest phasenweise zu überzeugen, brachte das heimische Publikum in Cleveland auf seine Seite und gewann am Ende verdient den Wettbewerb – auch wenn sich mir noch immer nicht erschließen will, wie man eine „Skills“ Challenge mit einem Wurf von der Mittellinie entscheiden kann.
Der Dreiercontest war unterhaltsam wie eh und je und endete durch den Triumph von Karl-Anthony Towns – dem ersten Sieg eines Big Mans seit Kevin Love im Jahr 2012 – mit einer schönen Geschichte. Doch es hat dem Hype um den Contest nicht geholfen, dass zahlreiche der beliebtesten (Steph!) oder besten Scharfschützen der NBA nicht dabei waren. (Auf der Rangliste der verwandelten Dreier pro 100 Ballbesitze war Zach LaVine der bestplatzierte der acht Teilnehmer – auf Rang 17.) Außerdem: Wie viel Hype kann schon rund um acht Spieler, die komplett offene Würfe nehmen, entstehen. Der Three Point Contest hat definitiv nicht enttäuscht, aber er war eben auch nicht spektakulär genug, um die Enttäuschungen des Abends wettzumachen.
Der Dunk Contest erwies sich als kompletter Reinfall. Jalen Green – von mir im Vorfeld feierlich als Favorit ausgerufen – enttäuschte auf voller Linie und schaffte es nach gefühlten 17 Fehlversuchen nicht ins Finale. Da auch Cole Anthony – trotz cooler Hommage an die Stadt New York beim ersten Dunk – unter seinen Möglichkeiten blieb, duellierten sich Obi Toppin und Juan Toscano-Anderson um den Titel. Der Wettbewerb endete zurecht ohne einen einzigen Dunk mit der Höchstnote 50 und entfachte prompt Diskussionen, ob das vielleicht sogar der schlechteste Dunk Contest aller Zeiten war. Um das beurteilen zu können, habe ich zu wenige Iterationen verfolgt – aber es war definitiv der schlechteste Dunk Contest, den ich live mitverfolgt habe.
Die Saturday-Night-Contests ließen also die Zuschauer enttäuscht vor den Bildschirmen zurück. Es bleibt die Hoffnung auf ein spannendes All-Star-Game als Krönung/Rettung des Wochenendes in Cleveland. Auch wenn ich die Kritikpunkte an dem inzwischen bis aufs Äußerste kommerzialisierten Event größtenteils nachvollziehen kann, freue ich mich alle Jahre wieder enorm auf das Schaulaufen der weltbesten Basketballer.
Was einst als sportliches Highlight des NBA-Kalenders galt, entwickelte sich über die Jahre zu einem glorifizierten Pick-Up-Spiel, in dem Defense immer mehr zum Fremdwort wurde. Ein plakatives Beispiel: Kareem Abdul-Jabbar stellte 1980 mit sechs Blocks den Rekord für die meisten geblockten Würfe in einem All-Star-Game auf. Im Spiel des Jahres 2017, als letztmals die besten Spieler der Eastern und Western Conference im klassischen Format aufeinandertrafen, gab es insgesamt zwei (!) Blocks. Der Ruf des Events wurde immer schlechter, irgendetwas musste sich ändern. Auch wenn sicherlich noch immer Luft nach oben ist, muss man es der NBA lassen: In den letzten Jahren – zunächst mit der Abschaffung des klassischen Ost-West-Duells und dann mit der Einführung des sogenannten Elam Endings – hat das All-Star-Game wieder enorm an Attraktivität gewonnen.
Und so werde ich auch dieses Jahr gespannt vor dem Fernseher sitzen – wenn auch re-live am Montagmorgen. Die Vorfreude ist offensichtlich doch nicht größer als der Wunsch nach einem halbwegs gesunden Schlafrhythmus. Dennoch bin ich sehr gespannt. Wobei… kann man ernsthaft die Hoffnung hegen, dass dieses All-Star-Game ein spannendes wird? Elam Ending hin oder her – Team LeBron ist nach einer aus Sicht von Kevin Durant (mal wieder) mehr als fragwürdigen Draft-Show der haushohe Favorit. Mal ehrlich: LeBron, Giannis, Curry, Jokic und Luka in einem Team – wie konnte KD das zulassen!? Wahrscheinlich musste er früher auf dem Schulhof nie gut picken, weil sein Team sowieso immer gewann.
Vielleicht wird es ja doch spannend, ich gebe die Hoffnung nicht auf. Immerhin hat Team Durant mit Joel Embiid, Ja Morant und Jayson Tatum ein sehr spannendes Trio in der Starting Five. Außerdem starten Trae Young und… Andrew Wiggins (Kopfschütteln des noch immer ungläubigen Autors). Oh Mann, diese Nominierung hat auch nach mehreren Wochen nicht an Absurdität verloren. Ich habe ja wirklich nichts gegen Wiggins. Im Gegenteil – ich freue mich, dass er nach Jahren der Enttäuschung in Minnesota nun ein wichtiger Bestandteil eines Contenders ist. Bei den Warriors nimmt der Nummer-1-Pick von 2014 die 3-and-D-Rolle an, die ihm viele längst nicht mehr zugetraut hatten, und blüht in dieser regelrecht auf. Aber ein All-Star-Starter? Come on!
Bezieht man die gravierende Bedeutung einer All-Star-Nominierung in den Gedankengang ein, wird es umso absurder, dass Wiggins heute Nacht auf dem Parkett stehen wird. Im historischen Vergleich ist die Anzahl der All-Star-Games, für die ein Spieler ausgewählt wurde, neben den gängigen Awards (und vielleicht den All-NBA-Teams) die wichtigste Kennzahl. Ständig wird in Debatten und Lobesliedern auf Legenden vergangener NBA-Tage herangezogen, wie oft Spieler X zum All-Star gewählt wurde. Und diese Ehre wird nun einem Spieler zuteil, der nach objektiven Gesichtspunkten definitiv nicht einer der besten zwölf Spieler der Western Conference ist? Weil ein K-Pop-Sänger eine Kooperation mit seiner Franchise hat!? (Dass der Mann allen Ernstes den Künstlernamen „BamBam“ trägt, verschlimmert das Ganze noch.) Das ist einfach lächerlich und hat mit Basketball nichts zu tun. Die NBA hat die Macht des Fan-Votings in den letzten Jahren stark eingeschränkt, nachdem Zaza Pachulia 2016 fast All-Star geworden wäre, weil die halbe georgische Bevölkerung für ihn gestimmt hatte. Der Fall Wiggins zeigt deutlich, dass in diese Richtung noch mehr passieren muss.
Wie dem auch sei. Ich freue mich auf das All-Star-Game – trotz enttäuschenden Saturday-Night-Contests, trotz der klaren Favoritenrolle von Team LeBron, trotz Fan-Voting und Starter Andrew Wiggins. So viele der besten Spieler des Planeten sieht man eben nur einmal jährlich zusammen auf einem Parkett. Hoffentlich wird es ein entsprechendes Spektakel!