MixedZone (8)

1: Als eingefleischter Fußball-Liebhaber ist meine Vorfreude auf das Halbfinale der Champions League riesig. Manchester City, Paris Saint-Germain, Real Madrid und der FC Chelsea sind noch im Rennen um den Henkelpott. Die klangvollen Namen auf den Vereinslogos werden von denen auf den Trikots der Akteure auf dem Rasen noch übertroffen. Wenn sich am 27. und 28. April diese vier Schwergewichte begegnen, dürften allerdings auch viele Anhänger von Traditionsvereinen und Kritiker des Millardenmarkts Fußball mit einem weinenden Auge zusehen – oder gar nicht erst einschalten. Überspitzt formuliert spielt im einen Halbfinale Abu Dhabi gegen Katar, während sich im anderen der hoch verschuldete Herzensclub des spanischen Königshauses und das Spielzeug eines russischen Oligarchen gegenüberstehen. Dass diese Machtverhältnisse mit dem Fußball vergangener Jahrzehnte nur noch wenig zu tun haben und dass diese Entwicklung die Zukunft des Sports gefährdet, müssen sich selbst die progressivsten Innovatoren eingestehen.

City und PSG – bzw. die betuchten Herren Mansour bin Zayed Al Nahyan und Nasser Al-Khelaifi – könnten in einem Fußball-Lehrbuch neben dem Eintrag „Verstöße gegen das Financial Fairplay“ abgebildet sein. Chelsea und Real haben erst kürzlich Transfersperren wegen Verstößen gegen die Wechselbestimmungen für Minderjährige abgesessen. Neun Clubs haben in den letzten zehn Jahren mehr als eine Milliarde Euro für Neuzugänge ausgegeben – die Citizens (1,53 Mrd.) und Blues (1,47) führen dieses Ranking an, PSG (1,32) und die Königlichen (1,07) belegen die Plätze 6 und 7. In den letzten fünf Jahren haben die vier Halbfinalisten zusammen 468 Spieler für fast 3,2 Milliarden Euro eingekauft. Ich kann jeden verstehen, dem aufgrund dieser Zahlen die Lust auf die kommenden Halbfinal-Paarungen vergeht.

2: Die Nachricht, dass LaMarcus Aldridge seine Karriere mit sofortiger Wirkung beendet, kam nicht nur für mich überraschend. Ein Herzfehler, der bei ihm schon in seiner Rookie-Saison diagnostiziert wurde, hat den 35-Jährigen letztendlich zu dieser Entscheidung bewegt – nur wenige Wochen, nachdem er auf der Jagd nach einem Ring ein neues Arbeitspapier bei den Brooklyn Nets unterschrieben hatte. Aldridge hinterlässt ein kompliziertes und von Enttäuschungen geprägtes Vermächtnis. An der Seite von Greg Oden und Brandon Roy sollte er die Portland Trail Blazers in eine goldene Ära führen, jetzt tut er es seinen beiden einstigen Co-Stars gleich und beendet seine Karriere frühzeitig. Nachdem die Laufbahnen von Oden und Roy bereits diversen Verletzungen zum Opfer gefallen waren, bildete Aldridge zusammen mit dem 2012 gedrafteten Damian Lillard ein kongeniales Duo, das der Franchise aus Oregon zwar einige spannende Spielzeiten einbrachte, dann jedoch ein unrühmliches Ende fand. Bei den San Antonio Spurs prägte er die letzten Jahre der Duncan-Parker-Ginóbili-Ära, ohne es mit der Popovich-Truppe in die Finals zu schaffen (2017 stand den Spurs mutmaßlich nur der Fuß von Zaza Pachulia im Weg). In den folgenden Jahren entwickelte sich Aldridge zu einer Art Spieler, die in der modernen NBA zunehmend vom Aussterben bedroht war: Ein Big ohne Dreier, der seine Brötchen im Post verdient und defensiv kaum tragbar ist. Es reichte noch für hübsche Zahlen, die jedoch immer weniger seinen hoch dotierten Vertrag rechtfertigten. Kürzlich folgte der Buyout bei den Spurs und die Unterschrift bei den Nets.

So geht sie zu Ende, die Karriere des LaMarcus Aldridge. Auch wenn der 35-Jährige kein entscheidender Faktor mehr war (ich bezweifle, dass er bei den Nets in den Playoffs viele Minuten bekommen hätte) – ich hätte es ihm allemal gegönnt, auf seinen letzten Metern doch noch Teil eines Championship-Teams zu sein. Dennoch ist seine Entscheidung komplett nachvollziehbar und in vollem Maße zu respektieren. Ball is life – aber nicht, wenn es um die eigene Gesundheit geht.

3: „Ich kann nicht glauben, dass er erst 17 ist. Vielleicht ist er ein Lügner. Er ist dermaßen gut, ein fantastischer Spieler.“ Das hat Pep Guardiola nach dem Rückspiel zwischen Manchester City und Borussia Dortmund über Jude Bellingham gesagt. Der 17-jährige Mittelfeld-Diamant war einer der besten Spieler auf dem Feld und ließ sein enormes Talent mehr als nur aufblitzen. Ein anderer Coach dürfte Bellinghams Leistung mindestens genauso entzückt haben, wie das bei Pep der Fall zu sein schien: Englands Nationaltrainer Gareth Southgate. Das Beste für den Übungsleiter der Three Lions: Bei der anderen Mannschaft gab es noch einen anderen jungen Engländer, der ein überragendes Spiel machte. Phil Foden ist er 20 Jahre alt, hat sich aber inzwischen in der Kernrotation der aktuell wohl besten Mannschaft Europas festgespielt.

Es ist geradezu absurd, auf wie viele junge Ausnahmekönner Southgate schon bei der diesjährigen Europameisterschaft bauen kann. Bellingham und Foden sind da nur die Spitze des Eisbergs. Jadon Sancho (21), Marcus Rashford (23), Mason Mount (22), Trent Alexander-Arnold (22), Declan Rice (22), Reece James (21), Callum Hudson-Odoi (20), Tammy Abraham (23), Bukayo Saka (19). Andere Leistungsträger wie Harry Kane, Raheem Sterling und Harry Maguire sind ebenfalls noch in ihren 20ern. England gehört in meinen Augen schon bei der bevorstehenden EM zum Kreis der Favoriten und könnte diesen Status in den kommenden zehn Jahren immer und immer wieder einnehmen.

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