MixedZone (17)

1: Was Wardell Stephen Curry in den letzten Wochen (mal wieder) abliefert, ist selbst mit den abenteuerlichsten Superlativen nur schwer zu greifen. Deswegen keine Worte, sondern nackte Zahlen: 29.5 Punkte pro Partie (Top-Scorer der NBA), 19.3 genommene Dreier pro 100 Possessions (historisch), davon 41.9% getroffen (absurd). Currys Golden State Warriors sind mit einer Bilanz von 14-2 das beste Team der Liga und Steph ist einer der großen Favoriten auf die diesjährige MVP-Trophäe. Der 33-Jährige verzeichnet bislang 5.7 verwandelte Dreier pro Spiel – das wäre natürlich ein Rekord. Der bisherige Rekordhalter ist… (Trommelwirbel) Steph Curry 2020/21. Platz 2? Steph Curry 2018/2019. Platz 3? Steph Curry 2015/16. In jener Saison traf der damals 27-Jährige insgesamt 403 Dreier – wenn er so weitermacht, wird er diese Marke bis zum Saisonende pulverisiert haben.

Dass Golden State mit Stephen Curry auf dem Feld ein irres Net-Rating von +17.8 stellt, ist natürlich ein Hauptgrund für den starken Saisonstart. Dass die Dubs allerdings auch ohne ihren Superstar besser sind als ihre Gegner (+1.5), hatte man so nicht unbedingt kommen sehen. Letzte Saison waren die Lineups ohne Curry noch katastrophal (-8.6) – dieses Problem ist man offensichtlich erfolgreich angegangen. Die Warriors wirken wieder wie ein perfekt zusammengestelltes Team. Jeder Spieler hat eine klar definierte Rolle. Jeder weiß, was er an beiden Enden des Feldes zu tun hat. Draymond Green spielt auf DPOY-Niveau, Jordan Poole hat die Breakout-Saison, die sich viele von ihm erhofft hatten, und Nemanja Bjelica, Andre Iguodala und Otto Porter Jr. erleben gemeinsam ihren zweiten Frühling. Ganze elf Warriors-Spieler stehen mehr als 13 Minuten pro Spiel auf dem Parkett – obwohl man noch auf die Comebacks von Klay Thompson und James Wiseman wartet.

Was ich damit sagen will? The Warriors are back, baby! Ob dieses Team sich ernsthafte Hoffnungen auf die Meisterschaft machen kann, hängt davon ab, ob Klay Thompson nach zweieinhalb Jahren ohne Basketball noch der alte Klay Thompson ist. Aber Golden State ist schon jetzt eine Macht im Westen und jedes Spiel ein Spektakel. Und sie haben Wardell Stephen Curry – das ist Grund genug, sich so viele Warriors-Spiele wie möglich anzuschauen.

2: Eeeeendlich! Ich werde an dieser Stelle nicht ins Detail gehen, warum die Entlassung von Ole Gunnar Solskjær als Cheftrainer von Manchester United längst überfällig war. Ich verweise hierfür auf meine Wutrede in der MixedZone (14) vor drei Wochen. Nach der 1:4-Blamage gegen den FC Watford mussten wohl selbst die Glazers einsehen, dass die Mannschaft mit „Ole at the Wheel“ in eine Sackgasse manövriert wurde. Mit Michael Carrick übernimmt eine andere ManU-Legende und Solskjærs bisheriger Co-Trainer als Interimscoach, bis man einen anderen Kandidaten überzeugen konnte, bis zum Saisonende zu übernehmen. (Carrick ist also quasi der Interimscoach vor dem Interimscoach.) Gerüchten zufolge soll Zinédine Zidane von den Verantwortlichen zum Retter in der Not auserkoren worden sein. Auch der Name von Mauricio Pochettino, der bei Paris Saint-Germain anscheinend nicht gerade überglücklich ist, brodelt in der Gerüchteküche vor sich hin.

Aber wird sich die Lage der Red Devils unter der Federführung des Franzosen oder des Argentiniers bessern? Ich traue Zidane und Pochettino zwar mehr zu als Solskjær, doch die beiden sind auch nicht gerade als taktische Virtuosen bekannt – vor allem Zidane. Einem dreifachen Champions-League-Sieger kann man natürlich nur bedingt die Kompetenz als Cheftrainer absprechen, aber Zidane hatte in diesen Jahren ein weltweit einzigartiges Starensemble zur Verfügung – und einen Cristiano Ronaldo in seiner Prime. Dass er beispielsweise aus dem Mittelfeld-Duo Fred und Scott McTominay so viel herauskitzeln kann wie aus Luka Modric, Toni Kroos und Casemiro, glaube ich erst, wenn ich es gesehen habe.

Zidane oder Pochettino werden aus ManU nicht über Nacht wieder eine Spitzenmannschaft machen. Aber welcher Trainer könnte das schon? Seit dem Abgang von Sir Alex Ferguson sucht United vergeblich nach dem nächsten Heilsbringer an der Seitenlinie. Antonio Conte hätte ich es zugetraut, eine neue Ära des Erfolgs einzuläuten – aber diesen Schritt hat man sich verbaut, nur um Solskjær wenige Wochen später doch vor die Tür zu setzen. Dass Manchester United im europäischen Vergleich kein Top-Club mehr ist, hat nicht nur mit mangelnder Kompetenz auf der Trainerbank zu tun. Die Machenschaften von CEO Ed Woodward und der Glazer-Familie führen schon seit Jahren nicht mehr zu Erfolgen auf dem Rasen. Diese Missstände wird ein Interimscoach nicht bewältigen können, egal wie er heißt.

Es braucht einen Neuanfang im Sommer, bei dem man einem kompetenten Trainer über mehrere Jahre hinweg die Chance gibt, dem Traditionsclub endlich wieder eine Philosophie zu verleihen. Nur dann kann Manchester United den Glanz längst vergangener Tage wiedererlangen. In der laufenden Premier-League-Saison wird man ohnehin nicht mehr um den Titel mitspielen können, denn…

3: … der Kampf um die Meisterschaft in der besten Liga der Welt ist so erbittert (und unterhaltsam) wie schon seit Jahren nicht mehr. Mit Chelsea, Manchester City und Liverpool streiten sich drei der aktuell besten vier Mannschaften Europas (je nachdem, wo man die Bayern einordnen möchte) um die englische Krone. In den letzten Jahren gab es die ein oder andere One-Team-Show, gepaart mit ein paar spannenden Zweikämpfen. Aber drei Clubs auf Augenhöhe? Das gab es in der Premier League schon lange nicht mehr. Die letzte Saison, in der der Meister nicht einen zweistelligen Vorsprung auf den Drittplatzierten hatte, war 2013/14, als die Citizens mit 86 Punkten die Tabellenspitze eroberten – knapp vor Liverpool (84) und Chelsea (82). Wiederholt sich die Geschichte des letzten spannenden Dreikampfs in dieser Saison?

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