Guess who’s back! Nach einer längeren Pause steige ich mit einer monothematischen MixedZone wieder ein. Drei Gedanken zum ersten Spieltag der Champions League:
1: The Champiooooons… Die Königsklasse ist zurück, so aufregend und glamourös wie schon lange nicht mehr. Am ersten Spieltag der Gruppenphase traf der FC Barcelona auf Bayern München, Inter Mailand auf Real Madrid und der FC Liverpool auf Milan. Wie viel mehr kann sich das Fußballerherz wünschen? Hochklassige Begegnungen, viele Tore, David-gegen-Goliath-Überraschungen – dieser erste Spieltag hatte alles zu bieten. Von Neuling Sheriff Tiraspol, der sein erstes Champions-League-Spiel direkt gewann, über souveräne Vorstellungen von Bayern, Ajax und Co. bis hin zu überraschenden Achtungserfolgen für Brügge und die Berner Young Boys (mehr dazu gleich). Ich persönlich stellte am frühen Dienstagabend eine Emotion fest, die ich in diesem Ausmaß in den letzten Jahren eher vermisst hatte: unbändige Euphorie über den Start der Königsklasse. In einem Jahr, in dem sich Fans noch immer von dem Super-League-Blitzkrieg erholen, sind die Dienstag- und Mittwochabende mit all ihren Überraschungen und Wendungen Balsam für die angeschlagene Seele. Nach dem Vorschlag aus FIFA-Kreisen, die Weltmeisterschaft solle doch bitte in einem zwei- statt vierjährigen Turnus stattfinden, steht dem Fußball wohl der nächste große Klassenkampf bevor. Doch für den Moment haben wir eine spannende Neuauflage der Champions League, die uns unterhält und erfüllt.
2: Während der Transferperiode wechselten zahlreiche große Namen den Arbeitgeber, aber natürlich dominierten Lionel Messi und Cristiano Ronaldo die Schlagzeilen. Messis Unterschrift bei Paris Saint-Germain sorgte in der Fußballwelt für Trauer und Euphorie zugleich und stieß Diskussionen an, ob sich in der französischen Hauptstadt die beste Elf aller Zeiten versammelt hat. Ronaldos Rückkehr zu Manchester United ließ Spekulationen aufkommen, ob die Red Devils ein Titelanwärter in der Premier League sein könnten. Die Champions-League-Debüts der beiden lebenden Legenden in ihren neuen Trikots sorgten allerdings für Ernüchterung. PSG kam beim FC Brügge nicht über ein 1:1-Remis hinaus, Manchester United ging gegen die Young Boys in Bern mit 1:2 als Verlierer vom Platz.
Beide Teams lieferten bei ihren Auftritten mehr Fragen als Antworten. CR7 brachte ManU zwar in der 13. Minute in Führung, doch die rote Karte für Aaron Wan-Bissaka stellte das Spiel auf den Kopf. Ole Gunnar Solskjær wechselte Jadon Sancho und Donny van de Beek aus und brachte Diogo Dalot und Raphael Varane. Trotz 55-minütiger Unterzahl – ein Club von Manchester Uniteds Format sollte sich gegen die Young Boys Bern nicht in der eigenen Hälfte verschanzen. 20:2 (!) Torschüsse und eine 1:2-Pleite gegen das Team von Ex-Schalke-Coach David Wagner waren die Quittung. Bezeichnenderweise nahm Solskjær auch Ronaldo frühzeitig vom Feld und wechselte Jesse Lingard ein, dessen katastrophaler Fehlpass das Tor zum 1:2 in der Nachspielzeit zur Folge hatte. Ich lege mich fest: Mit Ole Gunnar Solskjær auf der Trainerbank wird Manchester United weder in der Premier League noch in der Königsklasse eine Chance auf Edelmetall haben. In der Gruppe F mit Villareal und Atalanta Bergamo ist nicht einmal der Einzug ins Achtelfinale garantiert.
Mindestens ebenbürtig dürfte die Enttäuschung bei Lionel Messi und Paris Saint-Germain sein. 9:16 Torschüsse, 1.2:1.4 xG – das Superstar-Ensemble war dem FC Brügge unterlegen. Messi brachte immerhin vier Shot-Creating Actions zustande – ebenso viele wie Hans Vanaken und weniger als Noa Lang und Charles De Ketelaere. Man verteidigte de facto mit sieben Feldspielern und war offensiv trotz 63% Ballbesitz zu harmlos. Gegen Brügge! Spoiler-Alert: Gegen RB Leipzig und Manchester City wird dieses Rezept nicht besser funktionieren als gegen den belgischen Meister. Nach einem Spiel sollte man keine definitiven Schlüsse ziehen, doch der Weg zum Champions-League-Titel scheint für dieses PSG-Superteam noch sehr lang zu sein.
3: Zum Abschluss noch ein kurzer Blick auf die vier deutschen Vertreter in der Königsklasse. Die Bayern zeigten dem FC Barcelona mit 3:0 die Grenzen auf – ein Endergebnis, mit dem die Katalanen noch gut bedient waren. Dennoch dürfte Julian Nagelsmann nicht alles gefallen haben, was er von seiner Mannschaft sah. Mit aggressivem Pressing sorgten die Münchner dafür, dass sie das Spielgeschehen über weite Strecken nach Belieben kontrollierten und dass Manuel Neuer keinen einzigen Schuss auf seinen Kasten bekam. Dennoch ist bei derartiger Dominanz und 17 Torschüssen ein xG-Wert von 2.1 eigentlich zu wenig. Am Ende waren es ein glücklich abgefälschter Schuss von Thomas Müller und die Weltklasse von Robert Lewandowski, die den Bayern den Sieg sicherten. Spielerisch ist definitiv noch Luft nach oben, auch wenn das nach einem 7:0-Kantersieg gegen den VfL Bochum schon wieder etwas anders aussieht. Ich bin gespannt, wie sich die Nagelsmann-Bayern gegen die harten europäischen Brocken – zu denen Barça nicht mehr gezählt werden kann – schlagen werden.
Auch Borussia Dortmund startete mit einem Sieg in die neue Champions-League-Saison. Jude Bellingham und Erling Haaland waren überragend. Der BVB war gegen Besiktas Istanbul die klar bessere Mannschaft, ließ sich in der Schlussphase aber fast noch die Butter vom Brot nehmen, wie man so schön (?) sagt. Das Team von Marco Rose hat in sechs Partien (das Pokalspiel gegen Wehen Wiesbaden ausgenommen) 13 Gegentore kassiert und schaffte es nur selten, Konstanz in die eigenen Leistungen zu bringen. Das 2:1 im Hexenkessel von Istanbul war ein wichtiger Sieg, kaschiert die Dortmunder Sorgenfalten allerdings nur bedingt.
Für die anderen beiden deutschen Teams lief der Start weniger befriedigend. Für RB Leipzig war Manchester City beim 3:6-Spektakel eine Nummer zu groß. Der VfL Wolfsburg war beim OSC Lille klar unterlegen und konnte sich glücklich schätzen, beim 0:0-Unentschieden einen Punkt aus Frankreich zu entführen. Für die Wölfe ist also noch alles drin in der Gruppe mit Lille, RB Salzburg und dem FC Sevilla – ein Weiterkommen scheint nach der schwachen Leistung am Dienstag aber eher unwahrscheinlich. Leipzig wird sich trotz des Pariser Stotterstarts wohl mit der Europa League zufriedengeben müssen, insofern man Brügge mindestens einmal schlagen kann. Dennoch hat das Torfestival in Manchester gezeigt, dass Jesse Marsch und seine Elf auch die ganz Großen zumindest ärgern können und dabei unterhaltsamen Fußball liefern.