MixedZone (10)

1: Ich möchte an dieser Stelle eines loswerden: Ich habe Timo Werner schon immer für einen überschätzten Spieler gehalten. Es lässt sich nicht bestreiten, dass der 25-Jährige pfeilschnell ist und (eigentlich) auch den Torabschluss zu seinen Stärken zählen kann. Beim FC Chelsea konnte Werner bislang bei Weitem nicht an seine starke Form der letzten Saison anknüpfen – vor allem, weil er reihenweise Großchancen vergibt. In Kontersituationen bereichert der Deutsche das Spiel von Thomas Tuchels Mannschaft, das muss man ihm lassen. Abgesehen von diesen schnellen, tiefen Läufen gegen eine ungeordnete gegnerische Defensive bietet Werner den Blues jedoch kaum einen Mehrwert. Clevere Läufe zwischen den Linien, Dribblings in den Strafraum hinein, das Kreieren von Torchancen für seine Mitspieler – all das vermisst man bei Werner meistens. Und wenn dann auch noch seine eigentlich größte Stärke, das Verwerten von Chancen, wegfällt, ist die heftige Kritik am Nationalspieler nicht weiter verwunderlich. In Leipzig hat Werner davon profitiert, dass in dem System von Julian Nagelsmann viele Angriffe darauf ausgerichtet waren, den Stürmer in vielversprechende Abschlusssituationen zu bringen. Auch bei Chelsea bekommt Werner solche Gelegenheiten immer wieder von Kollegen wie Mason Mount und Hakim Ziyech auf dem Silbertablett serviert. Aber er nutzt sie nicht. In 42 Premier-League- und Champions-League-Spielen kommt der 25-Jährige auf 16,4 xG – und hat daraus nur neun Treffer erzielt. Ein Timo Werner mit dieser Abschlussschwäche ist schlicht und ergreifend kein guter Stürmer. Erst recht nicht, wenn sein Team um den Henkelpott (oder den EM-Pokal) mitspielen will.

2: Nikola Jokić ist der NBA-MVP 2020/21. Ende der Diskussion! In den letzten Monaten wird aus Medien- und Expertenkreisen gefühlt wöchentlich ein neuer Kandidat in den Ring geworfen. Chris Paul hat die Suns im Handumdrehen zu einem Contender gemacht, gehört er nicht in die MVP-Konversation? Stephen Curry legt in den letzten Wochen historische Zahlen auf, er muss doch der MVP sein! Ja, James Harden war in Houston wahrscheinlich der Least Valuable Player der Liga, aber in Brooklyn ist er doch richtig gut! In meinen Augen ist der Kampf um die MVP-Trophäe schon seit mehreren Monaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Joker und Joel Embiid. Beide sind der mit Abstand wichtigste Spieler ihres Teams, beide legen in dieser Saison überragende Zahlen auf. Aber der Serbe stand fast 950 Minuten mehr auf dem Parkett als der lange verletzte Kameruner. Wie heißt es so schön? „The best ability is availability.” Spätestens seit die Nuggets nach der Verletzung von Jamal Murray weiterhin wie ein Finals-Anwärter spielen, sollte niemand mehr ernsthaft an Jokićs MVP-Case zweifeln.

3: Was die Sportwelt betrifft, versuche ich immer, up to date zu bleiben. Hin und wieder schaue ich in die TV-Übertragung einer Sportart rein, die mich bislang nicht nennenswert tangiert hatte. Auch bei den Sportarten, die mir bereits geläufig sind, bin ich stets offen für neue Statistiken, Trends und Geschichten. Aber beim besten Willen will mir nicht in den Kopf, warum ein Showkampf zwischen einem Ex-Boxer und einem YouTube-Star solche Wellen schlägt. Warum sollte in seriösen sportjournalistischen Kreisen relevant sein, dass Floyd Mayweather und Logan Paul gegeneinander kämpfen wollen? Gleiches gilt übrigens für Logans Bruder Jake Paul, der kürzlich Nate Robinson (what?) und Ben Askren (keine Ahnung, wer das ist) im Ring besiegte. Kann mir jemand erklären, was dieser Trend soll? Ich schaue mir zwar hin und wieder einen Boxkampf an, bin aber alles andere als ein waschechter Kampfsport-Fan – vielleicht fehlt mir einfach der richtige Zugang.

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