Fußballfan vs. Journalist

Morgen geht die Bundesliga wieder los: „Endlich!“ Oder vielleicht doch: „Schon?“ Der Fußballfan (wohl eher Fußballfanatiker) in mir freut sich wahnsinnig darauf, dass der Ball endlich wieder rollt. Der kritische (hin und wieder sogar vernünftige) Journalist in mir ist unentschlossen.

Das DFL-Hygiene-Konzept zur Fortsetzung des Spielbetriebs ist in der Theorie anscheinend fundiert genug, um von der Politik abgesegnet zu werden. Aber wie wird es in der Praxis bestehen? Bisher ist noch Luft nach oben, um es vorsichtig auszudrücken. Beispiele gefällig? Das Facebook-Live-Video von Hertha-Stürmer Salomon Kalou ist schon jetzt (leider) absolut legendär. „Sala, lösch das bitte“. Spieler, die in der Kabine nebeneinander sitzen und sich fröhlich mit Handschlag begrüßen. Von Einhaltung der Corona-Vorschriften nicht viel zu sehen. Augsburg-Coach Heiko Herrlich hat das Hotel verlassen, in dem er und sein Team sich vor dem Neustart von der Außenwelt abschotten mussten. Um Zahnpasta und Hautcreme zu kaufen. Zahnpasta und Hautcreme! Und nach positiven Corona-Tests befindet sich das gesamte Team von Zweitligist Dynamo Dresden in Quarantäne.

Der DFL kann man an dieser Stelle keinen großen Vorwurf machen. Die Verantwortlichen haben ein von vielen als sehr gut angesehenes Konzept ausgearbeitet, damit der deutsche Profifußball weitergehen kann. Aber natürlich sind sie darauf angewiesen, dass sich die Akteure auch an die neuen Regeln halten. Vor allem die Fälle Kalou und Herrlich haben gezeigt, dass das leider alles andere als selbstverständlich ist. Sind das nur Einzelfälle und der Rest hat den Ernst der Lage verstanden? Hoffentlich.

Wenn alles gut geht, werden sich DFL und DFB kräftig auf die Schultern klopfen können. Deutschland wäre der Vorzeigeschüler unter den europäischen Fußball-Ländern. Premier League, La Liga und Co. würden der Bundesliga um jeden Preis nacheifern wollen. Wenn aber nochmal ein Kalou kommt? Nochmal ein Herrlich? Oder selbst nochmal ein Dynamo Dresden? Dann wird sich der Wind ganz schnell drehen. Dann wäre das Milliardengeschäft Profifußball ganz schnell wieder am Pranger. Und das absolut zurecht.

Best und Worst Case liegen unfassbar nah beieinander. Man kann einfach nur hoffen, dass die Vorschriften eingehalten werden. Denn Geisterspiele hin oder her: Endlich ist wieder Bundesliga! Der Fußballfan in mir findet das geil. Hoffentlich wird es der Journalist nicht bereuen.

Back to top