Die richtige Entscheidung

Dass Timo Werner Leipzig in diesem Sommer verlassen würde, galt schon lange als beschlossene Sache. Die Gerüchte kreisten vor allem um die üblichen Verdächtigen – Real Madrid, FC Barcelona, Bayern München, FC Liverpool. Jürgen Klopp schien in der Pole Position im Kampf um den RB-Stürmer zu sein. Aber wie seit dieser Woche offiziell ist: Der FC Chelsea macht das Rennen und schnappt sich Werner. Meiner Meinung nach ein sehr guter Weg – für alle Beteiligten.

Der 24-Jährige bringt den Roten Bullen 50 Millionen Euro ein. Diese stattliche Summe kann RB direkt reinvestieren. Mit Patrik Schick (AS Rom) und Angeliño (Manchester City) sind zum Beispiel derzeit zwei Leistungsträger nur ausgeliehen und können nun fest verpflichtet werden. Natürlich tut es weh, mit Werner den mutmaßlich besten Spieler zu verlieren. Aber sein Abgang war vorhersehbar und wahrscheinlich unausweichlich – wenigstens kann sich RB so noch ein wenig die Taschen füllen. Einen großen Haken gibt es allerdings: Wenn im August die Champions League fortgesetzt wird, steht RB zwar im Viertelfinale – aber ohne Werner. Der will sich lieber in London einleben und mit Chelsea auf die neue Saison vorbereiten. Eine verständliche Entscheidung, wie ich finde, aber eben bitter für die Leipziger.

Der FC Chelsea unterstreicht mit dem Werner-Transfer seine Ambitionen, wieder an Englands Spitze zu kommen. Eineinhalb Jahre lang durften die Blues keine Transfers tätigen. In dieser Zeit hat der Club – gezwungenermaßen – etwas getan, das schon lange nicht mehr an der Stamford Bridge zu sehen war: Man hat auf junge Spieler und Eigengewächse gesetzt. Mit Frank Lampard sitzt inzwischen eine Chelsea-Legende auf der Trainerbank, die mit dem Glamour-Faktor seiner Vorgänger (Mourinho, Ancelotti und Co.) zwar nicht mithalten kann, dafür aber eine junge, hungrige Mannschaft zusammengestellt hat. Tammy Abraham, Mason Mount, der Ex-Dortmunder Christian Pulisic, Callum Hudson-Odoi – Chelsea hat vor allem in der Offensive eine vielversprechende Truppe. Bei einigen verdienten Veteranen wie Pedro Rodriguez oder Willian stehen die Zeichen auf Abschied. Kurz gesagt: Chelsea befindet sich mitten in einem sehr spannenden Umbruch. Und genau dabei könnte Werner eine entscheidende Rolle spielen.

Timo Werner ist europaweit einer der interessantesten und besten Stürmer in seiner Altersklasse. Würde nicht ein gewisser polnischer Kontrahent in München gefühlt 50 Tore pro Saison machen, hätte Werner im Alter von 24 Jahren bald seine erste Torjägerkanone in der Vitrine stehen. Der Wechsel an die Stamford Bridge könnte für einen Spieler wie ihn genau der richtige Schritt sein. Nicht direkt zu den ganz Großen, sondern eine Stufe darunter ansetzen. Finanziell bietet Chelsea dem Deutschen wahrscheinlich nicht viel weniger als Real, Barça, Liverpool und Co. Schließlich ist bei den Blues das Geld alles andere als knapp. Letztes Jahr 64 Millionen für Pulisic, dieses Jahr 40 Millionen für Hakim Ziyech von Ajax Amsterdam und 50 Millionen für Werner. Zehn Millionen soll der Deutsche angeblich jährlich bei den Blues einstreichen – damit wäre er Top-Verdiener des Clubs.

Das allein verdeutlicht schon, dass Chelsea und Lampard von Werner überzeugt sind. Er kommt in eine junge, dynamische Mannschaft hinein, deren Spielidee ihm sehr gut liegen sollte. In Lampards System kann ich mir Werner sowohl auf dem Flügel als auch als zentralen Stürmer vorstellen. Er wird einige talentierte Offensivspieler um sich herum haben, mit denen er zusammen kombinieren kann. Auch das aggressive und auf Gegenpressing ausgelegte Spiel gegen den Ball unter Lampard kennt Werner bereits aus Leipzig. Vor allem aber muss er sich keine Sorgen um Einsatzzeiten machen und wird Zeit bekommen, sich in der Premier League zu akklimatisieren. Werner wird eines der Gesichter der Blues sein – auch wenn er mal schwächeln sollte oder sich verletzt. Ein solches Standing hätte er in Madrid, Barcelona, Liverpool oder München definitiv nicht. Diesen Schritt in die absolute europäische Elite kann er mittelfristig immer noch machen. Vielleicht ist ja sogar Chelsea selbst in ein paar Jahren wieder soweit, in diese Kreise vorzustoßen. Bis dahin hat Werner auf jeden Fall die Chance, sich in einer aufstrebenden Mannschaft in der besten Liga der Welt einen Namen zu machen. Man darf gespannt sein, was da im Westen Londons zusammenwächst. Timo Werner, da bin ich mir sicher, wird einen entscheidenden Anteil daran haben.

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